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Aufgaben der Architektur.

Dipl.Ing Mario Toferer im Gespräch: Einblicke in die Gedankenwelt eines Architekten.

Projektleitung Architektur und Architekturdarstellung | Dipl. Ing. Mario Toferer, BSc
Projektleitung Architektur und Architekturdarstellung | Dipl. Ing. Mario Toferer, BSc

Für diesen Blog haben wir mit unserem Projektleiter Dipl. Ing. Mario Toferer darüber gesprochen, worin er die Aufgaben der Architektur sieht und welche emotionalen Bedeutungsebenen dabei mitschwingen.

Was sind die Aufgaben der Architektur?

Mario: Diese Frage ist für mich nicht leicht zu beantworten. Ich bin ein großer Freund der Aussage bzw. der Schaffensweise „Alles ist Architektur“ von Hans Hollein.
Meiner Meinung nach hat Architektur viele Aufgaben „zu erfüllen“ – die ursprünglichste dieser Aufgaben spiegelt sich hier vielleicht im Vitruv’schen Konzept der „Urhütte“ wider. Eine sehr bodenständige Konstruktion aus einfachsten, in der Nähe vorhandenen Baumaterialen die vorwiegend als Schutz vor Wind und Wetter diente. Aus diesem Konzept heraus, sozusagen als Basis und Fundament, entstand die moderne Baukunst.
Nun liegen diese beiden Ansätze sehr nah beieinander – bedenkt man, dass Hollein sein Design auch auf u.a. Möbel und Türgriffe erweiterte – er hatte also das große Ganze stehts vor Augen.
Was bedeuten diese zwei Theorien im Kontext? Es braucht ein ganzheitliches, allumfassendes Narrativ, welches in jedem Entwurf zum Tragen kommen muss um der gesellschaftlichen, der ökologischen sowie auch der mentalen Verantwortung, die der Architektur obliegt, gerecht zu werden.

Wie stehen diese Aufgaben der Architektur in Verbindung zu emotionalen Bedeutungsebenen?

Mario: Die Frage welche emotionale Bedeutung die Architektur haben kann, ist eine sehr persönliche und individuelle Reise. Es treffen hier gleich mehrere Parameter aufeinander, von denen es wichtig ist, dass diese im Gleichgewicht sind, damit nicht ein Teil überwiegt und somit eventuell schlechte emotionale Auswirkungen haben kann. Diese Parameter beziehen sich u.a. auf die Positionierung des Bauobjektes, die verwendeten Materialien die Haptik und die Belichtung, um nur einige Beispiele zu nennen. Es ist vergleichbar mit einem Spinnennetz. Viele verschiedene Fäden mit jeweils einer spezifischen Aufgabe, die zusammengeführt ein funktionierendes System ergeben.
Doch wie können wir Architekt:innen dieses Gleichgewicht der Parameter sicherstellen, damit die Wechselwirkung zwischen Architektur und Emotion in Balance bleibt?
Da dies, wie gesagt, ein sehr individuelles Thema ist, ist die Frage nach den einzubeziehenden Parametern stark davon abhängig, welche Faktoren der Bauherrschaft wichtig sind. Ein ausgedehntes Kennenlerngespräch zwischen der Bauherrschaft und den Architekt:innen ist daher essentieller Ausgangspunkt für maßgeschneiderte und an persönliche Bedürfnisse angepasste Architektur. Mitzudenken sind hier vor allem auch die Bedürfnisse und Ansprüche der zukünftigen Bewohner:innen und Nutzer:innen, sofern dies nicht oder nicht nur die Bauherrschaft betrifft.

Könntest du dies anhand eines Beispiels erläutern?

Mario: Bezugspunkte für diese Beziehung können, wie bereits erwähnt, die Positionierung auf dem Bauplatz, Raumhöhen, zu verwendende Materialien für den Bau, als auch das Interior und die vorherrschende Atmosphäre sein. All dies geht immer Hand in Hand mit der Aussicht, Lichtführung und -gestaltung.
Diese Aspekte beziehen dementsprechend sowohl die Architektur, als großen Überbegriff, als auch das Innenraumdesign ein, wobei dies als ein gesamtes Konzept bzw. Narrativ zu sehen ist bei dem die Innenraumgestaltung ein Teil der Architektur; ein Faden des Netzes ist.
Otto Wagner, ein berühmter österreichischer Architekt, ging sogar so weit, ein Benutzerhandbuch für die Bewohner:innen seiner Gebäude zu verfassen – nicht, so wie wir es kennen, wie oft man Stoßlüften sollte, sondern in welchem Raum, welches Schuhwerk zu tragen ist, damit die Architektur im Ganzen bestmöglich wirkt. Dies ist – aus meiner persönlichen Sicht – natürlich übertrieben: wie erwähnt liegt uns besonders der Austausch mit den zukünftigen Bewohner:innen und Nutzer:innen am Herzen, aber es verdeutlich u.a., dass die Aussage „Alles ist Architektur“ einen großen Wahrheitsgehalt in sich trägt. Durch die Gestaltung der Räume in einem Gebäude, ergeben sich viele Möglichkeiten für eine mentale Auswirkung – sowohl positiv als auch negativ. Ein Gesamtkonzept ist unumgänglich. Die Wichtigkeit der Wechselwirkung zwischen dem gebauten und nicht gebauten Raum ist, vor allem in jüngster Zeit, besonders in den Vordergrund gerückt. In Zeiten der Pandemie, haben wir erkannt, wie wichtig Frei-Räume mit einer hohen Qualität für unsere mentale Gesundheit sind.
Die Aufgabe der Architektur ist es diesen Anforderungen gerecht zu werden. Wenn der Platz für Freiräume nicht gegeben ist, obliegt es uns Architekt:innen dieses Problem zu lösen bzw. die Umstände zu optimieren. Eine Möglichkeit wäre hier beispielsweise die Auflockerung der Innen- und Außengrenzen durch große Fensterflächen wie bei einer „Curtain Wall Fassade“.
Auch Zwischenräume, in Form von Pergolen und Überdachungen könnten eine spannende Lösung darstellen. Wie genau diese Frei-Räume dann konkret aussehen hängt natürlich wieder vom Individuum ab. Jede:r definiert sich sein oder ihr „frei sein“ anders. Diese Attribute des Raumes müssen, wie vorher erwähnt, in ausführlichen Gesprächen definiert werden.
Hier ergibt sich wieder ein spannendes Beziehungsdreieck zwischen Material, Form und Technik – auf das Design kommt es an!

Deine Conclusio zu dem Thema?

Mario: Das aus verschiedenen Fäden zusammengeführte, komplexe System aus der genannten Spinnennetz Metapher schließt den Bogen harmonisch ab.
Wenn man einen dieser Fäden entfernt, bricht nicht das ganze Netz bzw. System zusammen, aber es entsteht ein Ungleichgewicht und ist nicht mehr dasselbe. Daher bedarf es dann einer Wiederherstellung des großen Ganzen: das Narrativ, die Wechselwirkungen und Beziehungsdreiecke, um der persönlichen Urhütte gerecht zu werden.

Vielen Dank für das nette Gespräch und die interessanten Denkanstöße.